Understatement am Südhang
Die Kunst des Restaurierens besteht für das Wiener Architekturbüro Albertoni Architektur°Design in der Verbindung von Zeitgemäßem und historisch Richtigem.
Ein vielbeschäftigter und erfolgreicher IT-Manager kauft ein wunderschön gelegenes, doch durch bauliche Veränderungen ästhetisch stark beeinträchtigtes, Kellerstöckl in der Südsteiermark. Die beauftragten Architekten standen daher vor der Aufgabe, mit Rücksicht auf die in den 60er und 70er Jahren veränderte originale Bausubstanz, moderne Wohnbedürfnisse zu erfüllen. Planer Alberto Bach, kreativer Kopf des Architektenteams, zu den Herausforderungen eines solchen Projekts: „Gerade bei sehr kleinen, alten Objekten ist das Leben vom Wohnraum ins Freie besonders wesentlich und will genau durchdacht sein. Wir ließen verschiedene Situationen entstehen, wie z.B. die schwebende Holzterrasse, die den Wohnraum verdoppelt, so das Wetter mitspielt.“
Sichtbar machen der ursprünglichen Textur
Im Verlauf der siebenmonatigen Arbeiten am Projekt wurde die ursprüngliche Holzstruktur außen frei gelegt und die alten Volumina wieder hergestellt. Kleine Fensteröffnungen wurden - von außen unsichtbar - mit innen montierten Aluminiumfenstern bestückt. Bei früheren, baulichen Veränderungen bereits geänderte Fenstergrößen im Ziegelbereich des Hauses wurden geöffnet, um die Terrasse zu erschließen. Die Ostecke jedoch wurde geschlossen, Türe und Betonbalkon entfernt, der erstmalige Eingriff aber sichtbar gelassen. Aus einem schönbrunnergelben, kleinen Haus machten die Architekten von Albertoni so ein Kellerstöckl mit allen Attributen.
Bauliche Lebensläufe dokumentieren
Die Architekturkanten wurden weitergeführt, das Material änderte sich und ließ ein Glaseck entstehen.
Der Lebenslauf des Bauwerks blieb so dokumentiert, das ehemalige Bauvolumen wurde rückgeführt und gleichzeitig bereichert die offene Ecke damit wesentlich den Innenbereich. Die getreppte Giebelverglasung wiederholt sich nicht nur an den Fassaden, sondern wurde als Trennwand des Schlafzimmers zum Wohnbereich eingesetzt. Auch hier lebt so die Verbindung zwischen Innenraum und Außenbereich weiter.
Um die Terrasse schweben zu lassen, wurden statt allgemein gebräuchlicher Stützen, Stahlschwerter als Tragsystem eingesetzt. Bewusst wurde auch auf Vordächer verzichtet, um das Gleichgewicht zwischen alt und neu zu erhalten. Die originalen Dachüberstände an der Längsseite bieten ausreichend Schutz vor Wind und Wetter.
Privater Weinkeller mit kühlem Flair
Der Weinkeller wurde restauriert und zu einem Verkostungsraum zurückhaltend und kühl, mit grauem gegossenem Terrazzoboden, umgestaltet. Die Tischplatte aus gleichem Material wie der Boden, wird trotz ihres Gewichts von fast 200kg, nur von einem zierlichen Nirostagestell, nach Brückensystem, fast wie von Geisterhand gehalten. Eine Glasbox als Eingang vergrößert den Raum maximiert so auch hier die Verbindung zwischen Natur und Innenraum.
Zeitgemäß Wohnen im Loft
Heute beherbergt das Kellerstöckl ein modernes Wohnloft, das die alte Struktur im Inneren völlig ausblendet und nun den zeitgemäßen Bedürfnissen des Bauherrn entspricht. Schaut man aus der südsteirischen Umgebung zum „Temmerstöckl“ hin, so steht im Hang ein wie original erhaltenes Gebäude. „Liebevoll restauriert“ meinte der Nachbar dazu und erst als er zu Besuch kam, wurde ihm klar, wie weit liebevolles restaurieren gehen kann. Oder auch: wie substanziell gearbeitet werden kann, ohne dass man es aus der natürlichen Distanz wahrnimmt, ohne dass weithin sichtbar mit dem Zaunpfahl gewunken wird.